Rede Dr. Karl-Georg Pochhammer
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch ich möchte Sie zu unserer Vertreterversammlung in München begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen.
Telematik
Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens beschäftigt uns nach wie vor intensiv. Vor wenigen Wochen hat die gematik den neuen TI-Atlas veröffentlicht. Das Stimmungsbild der Menschen ist eindeutig: 89 Prozent sind offen für neue digitale Angebote. Und die Antwort der Zahnärzteschaft ist ebenso eindeutig: Wir können den Menschen diese Angebote machen. Kein anderer Sektor ist in der sicheren Vernetzung des Gesundheitswesens so weit wie wir. Auch das zeigt der TI-Atlas.
Die Nachfrage ist da, das Angebot ist da. Trotzdem kommt die Digitalisierung des Gesundheitswesens nur schwer voran. Das hat auch das BMG erkannt und eine „übergreifende Strategie“ für die Digitalisierung des Gesundheitswesens versprochen. Sieben Monate ist es her, dass der Bundesgesundheitsminister diese angekündigt hat. Passiert ist seitdem wenig. Wir wurden eingeladen, an einer Online-Umfrage teilzunehmen. Die Ergebnisse sollen Ende November vorgestellt werden. Und wir haben dann fünf Tage Zeit, diese online zu kommentieren. Dabei wollte das BMG alle Beteiligten ins Boot holen. Die groß angekündigte Partizipation verkümmert zu einer konsiliarischen Umfrage und einer Online-Kommentierung – das kann es nicht sein.
Die Zahnärzteschaft muss tatsächlich an der Digitalisierungsstrategie beteiligt werden. Das ist uns ein wichtiges Anliegen und deshalb wollen wir die Politik mit einem Beschluss der Vertreterversammlung noch einmal dazu auffordern. Der Antrag liegt Ihnen vor. Wir haben wie kein anderer Sektor im Gesundheitswesen die Anwendungen der TI in die Versorgung gebracht – und wir nutzen die TI erfolgreich für unsere eigenen Angebote, wie das Beispiel EBZ zeigt. Deshalb wissen wir sehr genau, was wir wollen. Und deshalb wissen wir sehr genau, wie wir dazu beitragen können, dass die Dinge funktionieren. Die Handlungsfelder zur Digitalisierung des Gesundheitswesens sind vielfältig. Um hier ein gemeinsames Verständnis zu schaffen, braucht es genau diese übergreifende Strategie, von der der Minister gesprochen hat.
Vor lauter Visionen sollten wir aber nicht übersehen, dass wir bereits Anwendungen ins Feld geführt haben, die das Potential haben, uns bei der digitalen Transformation einen gewaltigen Schritt nach vorne zu bringen. Ich spreche hier von KIM, aber in erster Linie vom E-Rezept und der elektronischen Patientenakte. Denn hier ruckelt es noch gewaltig. Und deshalb muss die Digitalisierungsstrategie diese beiden Anwendungen, das E-Rezept und die ePA, in den Fokus nehmen. Hier muss nachgesteuert werden, bevor neue Technologien und Ideen in die Versorgung kommen.
In diesem Sinne darf das BMG den Kopf nicht nur in die Wolken stecken und neidisch nach Israel und Dänemark blicken. Sondern es sollte sich daran erinnern, was es bereits in die Gesetze zur Digitalisierung geschrieben hat und die Selbstverwaltung bei der Umsetzung besser einbinden undunterstützen.
Zum Beispiel beim E-Rezept. Seit April kommuniziert die KZBV in Richtung des BMG, dass die Bürger besser aufgeklärt werden müssen. Und was ist passiert? Das BMG hat Flyer und Poster für die Praxen gedruckt und versendet. Das ist für sich genommen keine schlechte Maßnahme, aber sie kam viel zu spät und sie ist nicht ausreichend, weil die Aufklärungsarbeit bei den Praxen verbleibt. Das ist nicht die Unterstützung, die wir vom BMG erwartet hätten.
Apropos Erwartungen: Dass der Ausdruck des Rezeptcodes der Standard-Einlöseweg wird, war nicht der Vater des E-Rezepts-Gedankens. Dafür war eigentlich die E-Rezept-App der gematik vorgesehen. Die kann aber weiterhin kaum jemand vernünftig nutzen. Entweder fehlt die passende eGK. Oder die dazugehörige PIN. Oder das richtige Handy. Oder schlicht die Information, was man alles so braucht, um die App gangbar zu machen. Und so hat sich das Gefühl breitgemacht, dass das E-Rezept so richtig digital gar nicht ist.
Um das klar zu sagen: Wir werden weiterhin mit dem Tokenausdruck leben müssen. Patienten haben die Wahlmöglichkeit. Und das ist gut so. Aber wir brauchen praktische digitale Einlösewege für alle. Allerdings verhält sich das BMG auch hier sehr passiv. Ein Engagement für niedrigere Einstiegshürden bei der App-Nutzung und alternative digitale Einlösewege ist nicht zu erkennen. Ich wiederhole es nochmal: Das ist nicht die Unterstützung, die wir vom BMG erwartet hätten.
Derweil haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Vor dem Rollout lag der Anteil der E-Rezepte an allen zahnärztlichen Verordnungen apothekenpflichtiger Arzneimittel in der Startregion Westfalen-Lippe bei 2 Prozent. Innerhalb von nur einem Monat wurde der Wert auf 12 Prozent gesteigert. Bundesweit liegt die Zahl der erfolgreich eingelösten E-Rezepte mittlerweile bei rd. 680.000, darunter ca. 85.000 zahnärztliche Verordnungen. Nichtsdestotrotz ist das E-Rezept Anfang November ins Stolpern geraten. Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück. Auch wir haben deshalb die Reißleine gezogen.
Wie geht es nun weiter mit dem E-Rezept? Die Sektororganisationen in den Startregionen werden erstmal keine neuen Praxen für den Rollout gewinnen, sondern sich auf die Unterstützung der bereits aktiven Praxen konzentrieren. Und so wird es zum 1. Dezember keine Ausweitung auf weitere Regionen geben. Laut BMG bleiben wir in den Regionen Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe, bis die Erfolgskriterien erreicht worden sind. Das wird aber nur gelingen, wenn die Politik besser unterstützt. Vier Dinge sind zu tun: Sie muss für digitale Einlösewege sorgen, die praktisch und sicher sind. Sie muss eine klare Perspektive für den weiteren Rollout aufzeigen. Sie muss die Menschen über die Vorteile des E-Rezepts aufklären. Sie muss sich endlich aktiv für das E-Rezept engagieren.
An dieser Stelle ein Wort zum Datenschutz: Dass wir bei den digitalen Einlösewegen nun mit der elektronischen Gesundheitskarte eine zusätzliche Option vorsehen, die den Praxen den Tokenausdruck erspart, ist gut. Aber das funktioniert grundsätzlich nur mit der Zustimmung von BSI und BfDI. Wir haben Ihnen deshalb zu diesem Punkt einen Antrag vorgelegt, der dies nochmal in Richtung BMG und gematik adressieren soll (Anm.: Antrag 5/8 Keine Beschlüsse gegen Empfehlungen BSI und BfDI).
Wir können keine Diskussion um die Sicherheit des E-Rezepts gebrauchen. Dafür ist das E-Rezept zu wichtig, wie das ja auch der Gesundheitsminister bei jeder Gelegenheit betont. Aber nun müssen den Worten auch Taten folgen. Auch bei der elektronischen Patientenakte brauchen wir eine aktivere Politik. Denn hier muss der Ordnungsrahmen angepasst werden. Die Menschen sind bereit für die ePA, heißt es zwar im TI-Atlas. Doch das Angebot überzeugt die Versicherten nicht. Die Zahl der aktiven Aktensysteme stagniert seit Monaten bei etwas mehr als einer halben Million. Vor diesem Hintergrund ist es unerklärlich, warum der Gesetzgeber weiter an der Sanktionsregelung für Praxen festhält. Das macht in der jetzigen Situation keinen Sinn und deshalb haben wir einen Antrag vorbereitet, in dem wir fordern, diesen Unsinn zu beenden.
Zurzeit wird die ePA zusätzlich durch das Verbot des Video-Ident-Verfahrens gebremst. Wer eine ePA eröffnen möchte, muss sich vor Ort, entweder in einer Filiale seiner Krankenkasse oder via Post-Ident-Verfahren identifizieren. Das ist mit Blick auf die Akzeptanz und Nutzbarkeit natürlich eine Katastrophe. Und weil das nicht nur die ePA, sondern z. B. auch die geplanten neuen SMC-B-Ausgabeprozesse betrifft, brauchen wir hier so schnell wie möglich ein alternatives niederschwelliges Verfahren zur Identifizierung. Hierzu wollen wir die gematik in dem Antrag (Anm.: Antrag 5/10 Alternativen zum Video-Ident-Verfahren), den wir Ihnen vorgelegt haben, auffordern.
Zur ganzen Wahrheit gehört indes auch, dass die Versicherten den Krankenkassen auch vorher, als das Video-Ident-Verfahren noch möglich war, wegen der ePA nicht gerade die sprichwörtliche Tür eingerannt haben. Die Bundesregierung hatte deshalb schon in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass der Zugang zur ePA als Opt-Out gestaltet werden soll. Wir hatten daher im Juli in der Vertreterversammlung beschlossen, den Gesetzgeber aufzufordern, den konzeptionellen und organisatorischen Rahmen der ePA anzupassen und die KZBV aktiv bei der weiteren Planung einzubinden. Doch weder das eine noch das andere ist eingetreten. Wie die Opt-Out-Regelung gestaltet werden soll, wissen wir immer noch nicht.
Bleibt der Zugriff der Praxen wie bisher beschränkt oder müssen die Versicherten den Zugriff aktiv einschränken? Bleibt die Befüllung auf den aktuellen Behandlungsfall beschränkt oder müssen die Praxen und Krankenhäuser „alles“ einstellen? Wie wird die Identifizierung der Versicherten ausgestaltet? Das sind nur drei der wichtigsten Fragen, auf die wir immer noch keine Antwort haben – und die jetzt die gematik finden soll, wie in der letzten GSV beschlossen. Dass die Gesellschafter hier beteiligt werden, mussten wir erst erstreiten.
Das Problem ist akut, denn allein in diesem Jahr sollen zwei neue Ausbaustufen der ePA in die Versorgung kommen. Und auch die Arbeiten zur elektronischen Patientenkurzakte und zum elektronischen Medikationsplan online, die künftig beide in die ePA integriert werden sollen, laufen weiter. Die Weiterentwicklung der Anwendungen ist für sich betrachtet auch notwendig. Aber es macht aus unserer Sicht wenig Sinn, hieran zu arbeiten, ohne zu wissen, wie die Opt-Out-Regelung am Ende daherkommt.
Wir brauchen beides. Mehr Nutzer und eine bessere ePA. Verbessern können wir aber erst, wenn wir wissen, wie die Eröffnung der Aktensysteme künftig geregelt ist. Deshalb nun der Prüfauftrag, der auch den Zugriff, die Befüllung und die Datenweitergabe klären soll. Das Potential der ePA ist enorm. Wenn wir es richtig anstellen, wird sie zur digitalen Gesundheitsplattform, die jeder Versicherte in der Hosentasche mit sich tragen kann. Aber so, wie es momentan läuft, entstehen bei der ePA ausschließlich Kosten und Aufwände, kein erkennbarer Nutzen – weder für die Behandler noch für die Versicherten. Deshalb fordern wir das BMG in einem Antrag auf, die Weiterentwicklung der ePA mit den Planungen zur Opt-Out-Regelung abzugleichen. Den Antrag (Anm.: Antrag 5/11 Weiterentwicklung digitaler Anwendungen vorausschauend planen) haben wir der Vertreterversammlung vorgelegt und bitten um breite Zustimmung.
Die elektronische Patientenakte und das elektronische Rezept – das sind die beiden digitalen Großprojekte. Sie sind die Grundlage für eine datenbasierte und bessere Versorgung. Und noch wichtiger: Sie lassen die Menschen die digitale Transformation tatsächlich spüren – wenn sie richtig umgesetzt werden. Aus diesem Grund brauchen wir eine Digitalisierungsstrategie, die den Fokus auf diese Anwendungen legt. Und eine Politik, die sich nicht nur in Sonntagsreden dafür einsetzt, sondern aktiv mithilft, dass die Anwendungen ans Laufen kommen. Was dafür erforderlich ist, habe ich dargelegt.
Zum Laufen bringen gehört im Übrigen auch, dass die technische Verfügbarkeit in den Primärsystemen schneller und besser wird. Zu oft ruckelt es noch in der Praxissoftware. Immer noch gibt es Hersteller, welche die Funktionalität einfach nur bereitstellen. Der Kunde kann die Anwendung dann irgendwie nutzen. Es gibt auch viele positive Beispiele, wo Kunden schnell und reibungslos zum Ziel kommen. Wir brauchen aber noch mehr Benutzeroberflächen, die es dem Anwender einfach machen, die neuen Funktionalitäten zu nutzen. So wie wir sie längst von den vielen digitalen Helfern kennen, die wir in unserem Alltag nutzen. Eine Software, die uns wirklich unterstützt. Bei der Medizin und bei der Verwaltung.
Und wir brauchen eine Situation, in der die von den Herstellern geforderten Preise endlich gesteuert werden. Die KZBV hat lange mit dem GKV-SV über die aktuelle Änderungsvereinbarung zur Finanzierung der Komponenten und Dienste verhandelt. In der Gesamtschau haben wir ein gutes Ergebnis erzielt. Es gibt neue Pauschalen, die bestehenden Pauschalen steigen, die Refinanzierung des Konnektortauschs ist geregelt und wir haben endlich ein Budget für den Austausch defekter Komponenten. Und trotzdem stellt das Ergebnis niemanden wirklich zufrieden.
Der einzige, der von diesen Rahmenbedingungen zur Finanzierung der TI profitiert, ist die Industrie, sind die Anbieter der Dienste, Anwendungen und Komponenten. Angebots- und Nachfrageseite sind vollkommen aus dem Gleichgewicht geraten. Die Anbieter bieten an, wofür es Pauschalen gibt. Und die Praxen müssen zahlen, was die Anbieter festlegen. Die Hoheit der Anbieter, die Preise auf Kosten der Praxen festlegen und durchsetzen zu können, bremst die Akzeptanz der Digitalisierung. Deshalb muss das BMG endlich handeln und die TI-Finanzierung auf neue Beine stellen.
Aber bitte auf stabile. Denn das, was die Ampel gerade in einem Hauruckverfahren vollkommen unabgesprochen per Änderungsantrag zum Krankenhaus-Pflege-Entlastungs-Gesetz versucht, hilft nicht weiter. Worum geht es in dem Änderungsantrag? Die Praxen sollen künftig nur noch eine monatliche TI-Pauschale erhalten, deren Höhe durch die Pauschalen Stand Oktober 2022 bestimmt und auf mindestens zwei Jahre festgeschrieben ist. Wir haben immer 2 Pauschalen gefordert, eine für die Erstausstattung und eine für den Betrieb. Mit dem gesetzlichen Vorschlag muß die Praxis die Anschaffungskosten komplett über mindestens 5 Jahre vorfinanzieren.
Begründen tut das die Ampel allen Ernstes damit, dass diese Änderung die Praxen motivieren würde, die Produkte beim wirtschaftlichsten Anbieter zu erwerben. Ich frage mich wirklich, wie man auf so eine Idee kommen kann. Das Märchen vom schnellen Wechsel des Praxisverwaltungssystems ist eben genau das. Ein Märchen. Die Praxen können nicht einfach so PVS wechsel dich spielen.
Die Praxen werden auf den Mehrkosten sitzen bleiben! Mit dieser Idee bleibt den Praxen nicht mehr, sondern weniger Spielraum. Das BMG rüttelt hier ein weiteres mal an den Grundfesten der Selbstverwaltung, ohne das Finanzierungsproblem zu lösen. Das passt genau in das Bild, daß Eßer ins einer Rede ja sehr eindrücklich beschrieben hat. Wir brauchen endlich einen neuen Rahmen, mit dem Preisvereinbarungen getroffen werden können, welche die Anbieter rechtlich binden. Hier könnten wir uns vorstellen, dass der GKV-Spitzenverband selbst ermächtigt wird, diese Preisvereinbarung mit den Herstellern zu treffen. Der Preis, der dann vereinbart wird, muss für alle Hersteller bindend sein und wird durch die Pauschale abgedeckt. Zahnarztpraxen hätten dann die Sicherheit, dass die Hersteller keine höheren Preise aufrufen könnten.
Wenn die Politik den Prozess der Digitalisierung beschleunigen möchte, wäre hier ein Ansatzpunkt, die Akzeptanz bei den Anwendern zu erhöhen. Die Digitalisierung wird nur dann gelingen, wenn den Praxen der zusätzliche Aufwand abgegolten wird. Dies bleibt unsere Forderung an die Politik. Wie notwendig diese ist, zeigt auch das Beispiel Konnektortausch. Hier hätten wir uns viel Ärger sparen können, wenn hier im Vorfeld ein fester Preis für den Austausch festgelegt worden wäre. Wobei der Ärger momentan natürlich auch aus einer anderen Richtung kommt.
Ein Wort zur aktuellen Situation: Fachmedien haben im Oktober mal wieder eine öffentliche Debatte über die Alternativen zum Konnektortausch losgetreten. Das Thema kommt einfach nicht zur Ruhe. Worum geht es? Es geht um die Verlängerung der Zertifikate in den Konnektoren mit einem Software-Update. Der Chaos Computer Club hat Mitte Oktober ein Stück Software veröffentlicht, das eine Aktualisierung der Zertifikate ermöglichen soll – ganz ohne Austausch der Konnektoren. Entgegen der Resonanz in der Presse ist das allerdings ein Ergebnis, das nun wirklich nicht neu ist.
Die Möglichkeit der Zertifikatsverlängerung für einen Konnektor ist innerhalb der gematik schon lange diskutiert worden. Sie war bereits Teil der Spezifikation der Konnektoren. Und ist es übrigens als Option heute auch wieder. Aber in der öffentlichen Diskussion gerät vieles durcheinander. Ich möchte die Historie deshalb nochmal kurz darlegen. Die KZBV hatte sich – wie alle anderen Gesellschafter der gematik auch – im Februar 2022 gegen die Laufzeitverlängerung entschieden. Das hatte zwei Gründe. Zum einen ist die Laufzeitverlängerung bei der aktuell betroffenen Generation von Konnektoren maximal bis 2024, ggf. bis 2025 möglich. Die Aktualisierung müsste zudem jährlich neu erfolgen. Und am Ende müssten die Geräte dann doch getauscht werden, weil die TI 2.0 nicht vor 2026 startet.
Der andere Grund war, dass der Zertifikatswechsel äußerst riskant geworden wäre, weil das notwendige Update nicht rechtzeitig zur Verfügung gestanden hätte und eine Erprobung daher nicht möglich und auch nicht eingeplant war. Der Austausch der Hardware ist dagegen eine plan- und kalkulierbare Aufgabe, die im Feld bislang ordentlich und in den meisten Fällen ohne große Einschränkungen erfolgt. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Es ist gut, dass dieses Thema öffentlich diskutiert wird, denn es geht um die Beiträge der GKV-Versicherten und die Nerven der Praxen. Aber wir müssen dann irgendwann auch zur Kenntnis nehmen, dass die Laufzeitverlängerung für die aktuell betroffene Generation von Konnektoren keine sinnvolle Option war und ist und obendrein auch nicht so trivial, wie es in der Presse dargestellt wird.
Bei späteren Generationen kann sie zum Einsatz kommen. Ab August 2023 soll diese Lösung bereitstehen. Wie bereits gesagt, ist sie als Option auch wieder in die Spezifikation der Konnektoren aufgenommen worden. Aber auch dann gilt: Eine Laufzeitverlängerung per Software wird nicht günstig zu haben sein, denn auch hier werden sich die Hersteller den Entwicklungs- und Umsetzungsaufwand bezahlen lassen. Und ohne Technikereinsatz vor Ort wird das voraussichtlich auch nicht zu haben sein.
Was wir ausdrücklich begrüßen, ist die Möglichkeit, den TI-Anschluss über eine Rechenzentrumslösung zu organisieren. Service und Kostenmodell können für viele Praxen attraktiv sein. Hier braucht es aber dringend eine Zulassung durch die gematik. Die aktuellen TI as a Service-Lösungen nutzen zwar zertifizierte Konnektoren, sind als Modell selbst aber offiziell nicht zugelassen, weil es diese Option der Zulassung noch gar nicht gibt. Sie werden daher geduldet. Hier brauchen wir deshalb zeitnah eine zertifizierte Lösung, die auch in den offenen Datenschutzfragen Sicherheit für die Praxen schafft.
Denn auf die TI 2.0, die ohne Konnektoren auskommt, können wir nicht warten. Die geht nämlich frühestens 2026 an den Start, wie die gematik jetzt bereits eingeräumt hat. Die TI 2.0 ist bislang ein großer Strauß an schönen Versprechungen. Aber der angekündigte Technologiesprung kommt nicht vom Fleck. Vor allem bei den digitalen Identitäten kommen wir nicht weiter. Dabei sind diese für die TI 2.0 unabdingbar. Ihre Verwaltung soll nach den Konzepten der gematik über sogenannte Identity Provider erfolgen.
Diese liegen für die Versicherten in der Verantwortung der Krankenkassen und für die Gesundheitsberufe in der Verantwortung der sektoralen Verbände. Für die Zahnarztpraxen sind die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zuständig. Sie sollen für ihre Mitglieder spätestens ab dem 1. Januar 2024 elektronische Identitäten für das Gesundheitswesen bereitstellen. Allerdings wurden wir bislang überhaupt nicht von der gematik eingebunden. Auch fehlt es nach wie vor an den technischen Vorgaben, welche die gematik eigentlich schon vor acht Monaten hätte vorlegen müssen. Im Nachhinein soll diese Frist nun mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz auf den 1. April 2023 verschoben werden.
Mittlerweile rechnet die gematik erst im zweiten oder dritten Quartal 2023 mit der Fertigstellung der Spezifikationen, womit die Verzögerung de facto schon feststeht, bevor der neue Termin überhaupt beschlossen wird. Die KZVen hätten dann nur noch sechs Monate Zeit, sich vorzubereiten. Eine fristgemäße Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe wäre faktisch unmöglich. Wir haben deshalb die Politik aufgefordert, die Frist für die KZVen um mindestens anderthalb Jahre zu verlängern. Das wurde bisher abgelehnt. Das werden wir nicht akzeptieren. Wir können nicht ins Blaue hinein ein solches Vorhaben planen und dann in weniger als der Hälfte der vorgesehenen Zeit vernünftig umsetzen.
Wir brauchen jetzt endlich verlässliche Planungen von der gematik. Und von der Politik mehr Zeit. Das fordern wir auch in unserem Antrag an die Vertreterversammlung. Es ist schon erstaunlich. Wenn es um Fristen, Sanktionen und Gesetzestexte geht, dann zeigt die Politik Entschlossenheit bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Sobald aber die Tinte unter den Gesetzen getrocknet ist, scheint sie ein merkwürdiges Desinteresse zu beschleichen.
Lassen Sie mich abschließend nochmal zusammenfassen, was aus unserer Sicht für ein Gelingen des Prozesses wichtig ist. In erster Linie müssen wir – im Sinne eines schnell lieferbaren Nutzens – die bestehenden digitalen Technologien und Anwendungen voranbringen. Das gelingt am einfachsten, wenn der Fokus auf der Weiterentwicklung der bereits eingeführten TI-Anwendungen, allen voran der ePA und dem E-Rezept, liegt. Die ePA und das E-Rezept sind die digitale Basis, die Grundlage für eine digitale Vernetzung des Gesundheitswesens. Auch eine sichere digitale Kommunikationsmöglichkeit wie KIM gehört hier dazu, das zeigen wir bereits jetzt mit dem EBZ. Diese Anwendungen müssen bekannter werden, in der TI 1.0 besser funktionieren und schon heute fit gemacht werden für die TI 2.0. Dafür ist es auch erforderlich, dass schnell alternative Identifizierungsverfahren für die Anwender bereitgestellt werden. Hier ist die gematik in der Pflicht.
Und schließlich brauchen wir einen besseren regulatorischen Rahmen, der die finanziellen und organisatorischen Aufwände der Praxen, die im Rahmen der digitalen Transformation entstehen, begrenzt und refinanziert. Darüber hinaus gibt es weitere digitale Handlungsfelder, wie z. B. integrierte Versorgungsprozesse oder die interoperable Datennutzung, auf welche die Digitalisierungsstrategie Antworten finden muss.Und damit diese Antworten überzeugend sind, braucht es schließlich ein einheitliches Zielbild und gemeinsames Verständnis, dass die Digitalisierung ein notwendiges Gemeinschaftsprojekt ist. In diesem Sinne ist es wichtig, dass die Politik ihren Worten Taten folgen lässt und uns endlich ins Boot holt. Nicht ins Beiboot, sondern mittenrein in den Prozess.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hat die Kommunikation der Vertragszahnärzteschaft in den vergangenen Monaten dominiert. Nur mit einem koordiniertem und geschlossenen Auftreten bestand für die KZBV und die KZVen grundsätzlich eine Chance, Öffentlichkeit und Politik angesichts der absehbar negativen Folgen des Gesetzes für die Versorgung wachzurütteln und unseren Anliegen Gehör zu verschaffen. So sehr wir uns auf Bundes- und Landesebene, in Körperschaften und Verbänden in Sachen Öffentlichkeitsarbeit über viele Wochen hinweg auch alle „reingehängt“ haben - beim Ergebnis hat sich leider bekanntermaßen nur sehr wenig getan.
Die KZBV hat für die Kommunikation während des Gesetzgebungsverfahrens die Beratungsgesellschaft von Beust & Coll. als externe Verstärkung „an Bord geholt“. Die Agentur hat uns bei gemeinsamen Aktivitäten, öffentlichkeitswirksamen Aktionen und insbesondere bei der politischen Kommunikation gegen das Gesetz strategisch, aber auch ganz praktisch beraten und unterstützt. Um unsere Anliegen weiter zu begleiten, werden wir die Zusammenarbeit mit von Beust & Coll. auch in den nächsten Monaten fortsetzen.
Die KZBV hat im Schulterschluss mit der Bundeszahnärztekammer anlässlich der Veröffentlichung des diesjährigen BARMER-Zahnreportes noch einmal ausdrücklich vor den Risiken für die präventiv ausgerichtete PAR-Richtlinie gewarnt, die von dem Finanzstabilisierungsgesetz ausgehen - leider vergeblich. Da hilft es auch nichts, wenn die BARMER als eine der großen gesetzlichen Krankenkassen der Zahnärzteschaft gönnerhaft attestiert, sie sei mit ihren Präventionsanstrengungen „auf dem richtigen Weg“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
nach dem Gesetz ist bekanntlich vor dem Gesetz. Und im Gesundheitswesen gab es neben dem GKV-FinStG auch weitere wichtige Themen, die für Diskussionen in den Medien und in der Politik sorgen. Ein zentrales Kommunikationsprojekt war zuletzt die Veröffentlichung der neuen Studie „Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Kindern“ des Institutes der Deutschen Zahnärzte. Die Ergebnisse wurden mit einer gemeinsamen Hybrid-Pressekonferenz von IDZ, KZBV, BZÄK und der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz vorgestellt. Allein der Live-Stream wurde dabei mehr als 100 Mal aufgerufen - im Vergleich dazu fanden lediglich 30 Zuschauer in der Spitze online den Weg zur PK der BARMER.
Das große öffentliche Interesse am Themenkomplex KFO und Kinder lässt sich unter anderem anhand des Pressespiegels vor und nach unserer Pressekonferenz ablesen: die „FAZ“ und das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ berichteten vorab - im Rahmen einer exklusiven Zusammenarbeit. Allein das Redaktionsnetzwerk versorgt - nach eigenen Angaben - mehr als 60 Tageszeitungen mit einer täglichen Gesamtauflage von mehr als 2,3 Mio. Exemplaren und einer Reichweite von täglich rund 6,8 Mio. Lesern. Neben der zahnärztlichen und ärztlichen Fachpresse meldete unter anderem der Basisdienst der Nachrichtenagentur „AFP“, der „Kölner Stadt-Anzeiger“, die „Sächsische Zeitung“, der „Tagesspiegel“ sowie „SPIEGEL-Online“ die wichtigsten Fakten zu der Untersuchung.
Weitere ausgewählte Themen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die ich abschließend noch kurz erwähnen möchte, waren die Erstellung von Kommunikationsmitteln für das Elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren, die Aktualisierung des Kommunikationspakets zum ZäPP sowie die Kommunikation zum Jahresbericht der Zahnärztlichen Patientenberatung.
Zahnärztliche Mitteilungen – ZM
Die Vorbereitungen für den Verlagswechsel der zm vom Deutschen Ärzteverlag zum neuen Partner, der MedTriX-Group, gehen derzeit in die Endphase. Der Wechsel wird zum 1.1.2023 vollzogen. Dabei wird, wie berichtet, die L.N. Schaffrath DigitalMedien GmbH als Dienstleister der MedTriX-Group die Betreuung von zm-Online übernehmen. Schaffrath verantwortet u.a. auch den Online-Auftritt des Deutschen Ärzteblattes.
Der vollständige Neuaufbau der Seite steht vor dem vorläufigen Abschluss. Letzte Restarbeiten werden in den kommenden Wochen erledigt. Um den Online-Auftritt der zm auf einen aktuellen Stand zu bringen, ist ein vollständiger Neuaufbau der Seite erforderlich. zm-online wird damit deutlich attraktiver und bietet künftig erkennbar mehr Nutzwert. Großen Wert wird dabei auf die mobilen Ausspielungen für Handy und Tablet gelegt, da zwei Drittel der Nutzerinnen und Nutzer inzwischen mobil auf die Website zugreifen. Zeitgleich läuft die Datenübertragung in das neue Redaktionssystem Censhare, mit dem ab Anfang Dezember die erste Print-Ausgabe des nächsten Jahres produziert wird. Auf einen Relaunch des Heftes wird zunächst verzichtet, da der Fokus auf der Produktionssicherheit liegt. Eine Überarbeitung des Heftes wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Ich schließe damit meinen Bericht und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Bild: © KZBV/Knoff