Behandlung der Parodontitis

Durch die zum 1. Juli 2021 in Kraft getretene Richtlinie zur systematischen Behandlung von Parodontitis und anderen Parodontalerkrankungen (PAR-Richtlinie) ist es – basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen – zu einer Neugestaltung der vertragszahnärztlichen Parodontitisbehandlung gekommen. Gesetzlich Versicherte mit Parodontalerkrankungen profitieren damit von einer erweiterten Diagnostik und einer individuell bedarfsorientierten Behandlung.

Zielsetzung der Parodontitisbehandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist es, akute Entzündungen des Zahnhalteapparates zum Abklingen zu bringen und somit ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Darüber hinaus wird mittels der neu eingeführten Leistungen Aufklärungs- und Therapiegespräch, Mundhygieneunterweisung und der Befundevaluation (Neubewertung des Befundes) sowie der Unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) der Behandlungserfolg langfristig gesichert.

Die Kostenübernahme für die Parodontitisbehandlung muss unverändert zuvor bei der Krankenkasse beantragt worden sein.

Im Rahmen der systematischen Parodontitisbehandlung übernehmen die Krankenkassen die Kosten für folgende Behandlungsschritte:

Behandlungsschritt 1

Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit

  • Anamneseerhebung, klinische und röntgenologische Befundaufnahme, Diagnose- und Antragstellung

Aufklärungs- und Therapiegespräch

  • Dient der allgemeinen, aber auch risikospezifischen Aufklärung über Parodontitis, der Stärkung der Mundgesundheitskompetenz, der Erörterung der einzelnen Therapieschritte der Behandlungsstrecke; zudem erfolgt eine Information über die Bedeutung von gesundheitsbewusstem Verhalten zur Reduktion von Risikofaktoren (Rauchen und Diabetes mellitus) und über Wechselwirkungen mit anderen Erkrankungen

Patientenindividuelle Mundhygieneunterweisung

  • Feststellung der aktuellen Mundhygienegewohnheiten mit anschließender Aufklärung und Unterstützung hinsichtlich ggf. geeigneterer Zahnputz- und Pflegemaßnahmen für die regelmäßige häusliche Mundhygiene

Behandlungsschritt 2

Antiinfektiöse Therapie (geschlossenes Vorgehen)

  • Entfernung aller erreichbaren weichen und harten Beläge – Biofilm und Konkremente (Zahnstein unterhalb des Zahnfleisches) – bei Zahnfleischtaschen mit einer Sondierungstiefe von 4 Millimeter und mehr

Befundevaluation

  • Erneute klinische Befundaufnahme zur Verlaufskontrolle und der Ermittlung von weiterhin behandlungsbedürftigen Zahnfleischtaschen sowie der zielgenauen Planung der weiteren Therapieschritte

Soweit notwendig Behandlungsschritt 3

Ggf. chirurgische Therapie (offenes Vorgehen)

  • Chirurgischer Eingriff kann bei Zahnfleischtaschen mit einer Sondierungstiefe von 6 Millimeter und mehr notwendig sein; Entscheidung über chirurgische Therapie nach Erörterung mit dem Patienten oder der Patientin

Befundevaluation

  • Erneute klinische Befundaufnahme zur Verlaufskontrolle und der Ermittlung von weiterhin behandlungsbedürftigen Zahnfleischtaschen sowie der zielgenauen Planung der weiteren Therapieschritte

Behandlungsschritt 4

Unterstützende Parodontitistherapie (UPT)
Versicherte haben für zwei Jahre einen verbindlichen Anspruch auf eine strukturierte Nachsorge (UPT), die bedarfsgerecht an das individuelle Patientenrisiko angepasst wird. Die Frequenz der Nachsorgesitzungen richtet sich hierbei nach dem Grad der Parodontitis (Grad A bis C) zu Beginn der Therapie.

Die UPT umfasst verschiedene Behandlungsmaßnahmen:

  • Feststellung der aktuellen Mundhygienegewohnheiten mit ggf. erneuter Aufklärung und Unterstützung hinsichtlich ggf. geeigneterer Zahnputz- und Pflegemaßnahmen für die regelmäßige häusliche Mundhygiene;
  • die vollständige Reinigung der Zähne von anhaftenden Biofilmen und Belägen;
  • kontinuierliche Beurteilung der parodontalen Situation durch Messen der Taschentiefen (Sondierungstiefen) und Dokumentation möglicher Entzündungszeichen (Sondierungsblutung) zur Feststellung eines eventuellen Nachbehandlungsbedarfes;
  • Entfernung des Biofilms unterhalb des Zahnfleischs an Zähnen mit Sondierungstiefen von 4 Millimetern und mehr und Sondierungsbluten sowie an Zähnen mit einer Sondierungstiefe von 5 Millimetern und mehr;
  • erneute vollständige Befundaufnahme, welche neben der Messung der Sondierungstiefen und der Dokumentation möglicher Entzündungszeichen weitere klinische Parameter erfasst (einmal innerhalb der Zweijahresstrecke der UPT).
  • Wenn zahnmedizinisch notwendig: Verlängerung der UPT um in der Regel 6 Monate möglich. Dies bedarf der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse.

Weitere Leistungen seitens der Krankenkasse u. a.

  • halbjährliche Kontrolluntersuchung
  • Glättung überstehender Füllungs- und Kronenränder
  • Zahnsteinentfernung 1 x pro Kalenderjahr bzw. Zahnsteinentfernung 1x pro Kalenderhalbjahr bei Versicherten, die einem Pflegegrad zugeordnet sind oder Eingliederungshilfe erhalten
  • Mundgesundheitsstatus und individueller Mundgesundheitsplan sowie Mundgesundheitsaufklärung als präventive zahnärztliche Leistungen nach § 22a SGB V zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei Versicherten, die einem Pflegegrad zugeordnet sind oder Eingliederungshilfe erhalten

Gesetzlich Versicherte können unter anderem folgende Leistungen privat vereinbaren:

  • Professionelle Zahnreinigung (PZR)
  • 3-D Röntgendiagnostik
  • Biomarker-Tests
  • mikrobiologische Diagnostik
  • Laseranwendung
  • lokale Anwendung von Antibiotika
  • Verfahren zur Behandlung von Zahnfleischrückgang
  • Verfahren, die der Wiederherstellung von verloren gegangenem Gewebe und Knochen dienen (Regeneration, Rekonstruktion)
  • Versorgung von Entzündungen an Zahnfleisch und Kieferknochen, die mit Implantaten im Zusammenhang stehen

In der Nachsorge aktiv bleiben – es kommt auf Sie an!

Wenn nach zwei bis zweieinhalb Jahren die unterstützende Parodontitistherapie als Leistung Ihrer Krankenkasse endet, haben Sie es als Patientin und Patient wortwörtlich selbst „in der Hand“, Ihre Zähne und das Zahnfleisch entzündungsfrei zu erhalten: Zum einen durch die tägliche gewissenhafte Mundhygiene mit Zahnbürste, Interdentalbürste und Co, so wie Sie es im Rahmen der UPT bereits gelernt und trainiert haben, und zum anderen durch die Fortführung einer strukturierten Nachsorge in der Zahnarztpraxis, die als private Leistung vereinbart werden kann. Mit penibler häuslicher Zahnpflege und professioneller Unterstützung durch Ihre Zahnarztpraxis haben Sie dann gute Voraussetzungen, Zähne und Zahnfleisch dauerhaft frei von Plaque und Bakterien zu halten und so erneuten Entzündungen entgegenzuwirken. Darum: Bleiben Sie nachsorgeaktiv!

Modifizierte Parodontitisbehandlungsstrecke bei Versicherten mit Pflegegrad oder Eingliederungshilfe (nach § 22a SGB V)

Für diese Patientinnen und Patienten besteht ebenfalls seit Juli 2021 die Möglichkeit einer bedarfsgerecht modifizierten Behandlungsstrecke zur Behandlung von Parodontitis.

Diese Möglichkeit richtet sich vor allem an ältere, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit einer Beeinträchtigung, bei denen die systematische Behandlung gemäß der Parodontitis-Richtlinie nicht in vollem Umfang durchgeführt werden kann. Dazu zählen etwa Patientinnen und Patienten, bei denen die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Mundhygiene nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist, die nicht oder eingeschränkt in der Lage sind, mitzuarbeiten oder bei denen eine Behandlung nur unter Vollnarkose möglich ist.

Der Zugang zu diesen Leistungen ist dabei unbürokratisch ausgestaltet: Statt eines Genehmigungsverfahrens ist eine Information der Zahnärztin oder des Zahnarztes an die Krankenkasse ausreichend, um die Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung durchführen zu können.

Stand: Juli 2025