Ursachen und Auswirkungen
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Parodontitis, umgangssprachlich manchmal auch „Parodontose“ genannt, ist eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparates. In einem schubweise verlaufenden Prozess zerstört sie Gewebe und Knochen, die für den Halt des Zahnes verantwortlich sind. Das kann Jahre oder Jahrzehnte dauern, bei aggressivem Verlauf auch nur Wochen oder Monate. Am Ende stehen ohne Behandlung oft die Lockerung und der Verlust von Zähnen, auch solchen, die frei von Karies oder Füllungen waren.
Damit fängt es an: Bakterien und Zahnbelag
Ausgelöst wird Parodontitis durch Bakterien, die sich in Schichten (Biofilm/Plaque) auf den Zahnoberflächen anlagern. Dieser bakterielle Biofilm löst eine Entzündungsreaktion aus, die letztlich zur Zerstörung der zahntragenden Gewebe führt. Grundsätzlich gilt: ohne Bakterien keine Parodontitis.
Der Zahnbelag ist zunächst weich, kann sich aber durch die Einlagerung von Mineralien aus dem Speichel verhärten, Zahnstein entsteht und eine gefährliche Kettenreaktion kommt in Gang: Zahnstein macht die Zahnoberfläche rau und bietet einen idealen Nistplatz für Bakterien. Um sie abzuwehren, reagiert das körpereigene Immunsystem zunächst mit einer Entzündung des Zahnfleischs, der Gingivitis, die über lange Zeit bestehen bleiben kann. Typisch für eine Gingivitis sind Schwellung und Rötung der Gingiva. Das Zahnfleisch kann auf Berührung oder auch spontan bluten. Die Veränderungen beschränken sich aber auf das Zahnfleisch. Knochen und Parodontalligamentfasern bleiben unversehrt. Die Prozesse sind reversibel, wenn die bakteriellen Beläge gründlich entfernt werden. Eine Gingivitis ist aber nicht harmlos, denn sie kann der Beginn einer Parodontitis sein.
Durch weitere Veränderungen des bakteriellen Biofilms (Dysbiose) und eine zunehmende Fehlsteuerung der Entzündungsreaktion kommt es bei anfälligen Personen zu einer Parodontitis – der Zerstörung des gesamten Zahnhalteapparates durch das körpereigene Immunsystem.

Der Zahn im Kiefer
Anders als ein Implantat ist der Zahn nicht direkt mit dem Kieferknochen verwachsen, sondern zwischen Zahn und Knochen ist ein dünner Spalt (Parodontalspalt). Ein gesunder Zahn ist trotzdem fest in seiner Umgebung verankert. Dafür sorgt der Zahnhalteapparat (das Parodont). Er besteht aus Zahnfleisch (der Gingiva), Kieferknochen, Wurzelzement und den Haltefasern (dem Parodontalligament).
Das Zahnfleisch, die Gingiva, (1) ist der äußere Abschluss des Zahnhalteapparates. Die Gingiva liegt wie eine Manschette dicht um den Zahn und übernimmt die wichtige Aufgabe, das darunterliegende Wurzelgewebe gegen schädliche Einflüsse aus der Mundhöhle zu schützen.
Der Kieferknochen (2) bildet das Zahnfach (die Alveole), in dem der Zahn steckt.
Das Wurzelzement (3) ist eine dünne mineralisierte Schicht, die der Zahnwurzel aufliegt.
Zwischen Wurzelzement und Kieferknochen liegt das Parodontalligament (4). Seine bindgewebigen Fasern greifen auf der einen Seite in den Zement, auf der anderen Seite in den Kieferknochen und sorgen so für den elastischen, aber stabilen Halt des Zahnes im Kiefer.
Risikofaktoren: Wer eher erkrankt
Das Risiko, an Parodontitis zu erkranken, ist nicht bei allen Menschen gleich ausgeprägt. Auch Art und Schwere des Verlaufs der Parodontitis sind vielfach unterschiedlich. Eine entscheidende Rolle spielt das Immunsystem, das durch zahlreiche innere und äußere Faktoren beeinflusst wird. Folgende Risikofaktoren können die Entstehung und den Verlauf der Parodontitis stark beeinflussen:
- Durch erbliche Veranlagung kann die Wahrscheinlichkeit, an Parodontitis zu erkranken, erhöht sein. Genetische Faktoren spielen insbesondere bei jüngeren Patientinnen und Patienten mit einer rasch voranschreitenden Parodontitis eine große Rolle, bei älteren Patientinnen und Patienten überwiegen meist andere Einflussfaktoren.
- Raucher haben im Vergleich zu Nichtrauchern ein zwei- bis siebenfach erhöhtes Risiko, an Parodontitis zu erkranken. Nikotin und andere Bestandteile des Tabakrauchs verringern die körpereigenen Abwehrkräfte und beeinträchtigen die parodontalen Gewebe. Studien zeigen, dass zwischen der Schwere der Parodontalerkrankung und dem Ausmaß des Tabakkonsums ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Da Rauchen die Gefäße verengt, wird das Zahnfleischbluten als typisches Alarmzeichen einer Parodontitis unterdrückt und die Erkrankung ist für Betroffene noch schwerer zu erkennen. Zudem vermindert Rauchen die Erfolgsaussichten einer Parodontalbehandlung.
- Auch Patientinnen und Patienten mit Diabetes haben ein deutlich erhöhtes Risiko, an Parodontitis zu erkranken. Das Problem: Hohe Blutzuckerwerte bei schlecht eingestellten Diabetikern schwächen die Abwehrkräfte. Entzündungen treten dadurch häufiger auf und heilen schlechter aus.
- Psychischer Stress reduziert die Abwehrfähigkeit des Organismus und kann eine Parodontitis beschleunigen. Ebenso können hormonelle Umstellungen das Zahnfleisch entzündungsanfällig machen. Der erhöhte Hormonspiegel in der Schwangerschaft kann Einfluss auf die Zusammensetzung der bakteriellen Zahnbeläge nehmen und die Durchlässigkeit von Gefäßen erhöhen. Hierdurch können bestehende Entzündungen in der Mundhöhle verstärkt werden.
- Krankheiten des Immunsystems wie AIDS schwächen die Abwehrkräfte und wirken sich daher ungünstig auf den Verlauf von Parodontalerkrankungen aus. Des Weiteren können bestimmte Medikamente, beispielsweise blutdrucksenkende Mittel oder solche, die die Abstoßungsreaktion nach einer Organtransplantation verhindern sollen, zu Wucherungen des Zahnfleisches führen. Durch die Wucherungen entstehen Zahnfleischtaschen, die für die Betroffenen nicht zu reinigen sind und damit eine Parodontitis begünstigen.
Bakterienalarm! Wirkung auf die Allgemeingesundheit
Bakterien aus der Mundhöhle und Entzündungsstoffe können über das Zahnfleisch in den Blutkreislauf gelangen und damit weiteren Schaden anrichten. Eine unbehandelte Parodontitis hat deshalb nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Mundgesundheit, sondern manchmal auch auf den ganzen Körper.
Schon seit Längerem sind negative Wechselwirkungen zwischen Parodontitis und Diabetes bekannt. Einerseits erhöht der Diabetes das Risiko, an Parodontitis zu erkranken. Andererseits reduzieren akute Entzündungen die Wirkung von Insulin, sodass die Parodontitis die Einstellung des Blutzuckers bei Diabetikern erschweren kann.
Ein wissenschaftlich belegter Zusammenhang besteht zwischen Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die bei einer Parodontitis freigesetzten Bakterien und Entzündungsprodukte können die Arterienverkalkung unterstützen und so Herzinfarkte oder Schlaganfälle begünstigen. Auch an der seltener auftretenden Entzündung der Herzinnenhaut oder Herzklappe (Endokardititis) sind zum großen Teil Bakterien aus der Mundhöhle beteiligt. Besonders Patientinnen und Patienten mit künstlichen Herzklappen scheinen ein erhöhtes Risiko dafür zu haben, dass orale Bakterien Infektionen auslösen. Gleiches gilt für Patientinnen und Patienten mit künstlichen Hüft- oder Kniegelenken, an denen sich die Bakterien besonders leicht festsetzen können.
Entzündungen und Infektionen sind die häufigsten Gründe für ungünstige Schwangerschaftsverläufe. Schwangere, die parodontal schwer erkrankt sind, scheinen ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt zu haben, außerdem zeigen Säuglinge von betroffenen Müttern häufiger ein geringes Geburtsgewicht.
Stand: Juni 2025