Chance für einen echten Kurswechsel in der Gesundheitspolitik nutzen

Erfolgsweg der Prävention weitergehen, Versorgungsstrukturen zukunftsfest machen

Beschluss

Die zahnmedizinische Versorgung befindet sich in einer schwierigen Situation und ist mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode kann insgesamt eine gute Grundlage bilden, um die notwendige Neuausrichtung der Gesundheitspolitik einzuleiten. Dabei reicht die Selbstverwaltung mitihrer Expertise die Hand, um partnerschaftlich Lösungen zu entwickeln und gemeinsam den Erfolgsweg in der Mundgesundheit fortzusetzen. Die Vertreterversammlung ruft die neue Bundesregierung auf, auf Grundlage des Koalitionsvertrags die Chance für einen echten Kurswechsel zu nutzen.

Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen insbesondere:
1. den Erfolgsweg der Prävention durch Planungssicherheit und verlässliche Finanzierung weiterzugehen und in diesem Zusammenhang die Parodontitistherapie als Präventions- und Früherkennungsmaßnahme gesetzlich zu verankern,
2. die Selbstverwaltung zu stärken, ihre Expertise zu nutzen und sie bei künftigen Gesetzgebungsverfahren frühzeitig einzubinden,
3. freiberufliche und inhabergeführte Praxisstrukturen zu unterstützen und die Ausbreitungvon MVZ (iMVZ) wirkungsvoll einzudämmen, um die wohnortnahen und flächendeckenden Versorgungsstrukturen zu stärken,
4. die Digitalisierung praxistauglich zu gestalten und sich von der Sanktionspolitik der letzten Jahre zu verabschieden,
5. die überbordende Bürokratie im Versorgungsalltag auf Grundlage der Vorschläge der Selbstverwaltung schnell und wirksam abzubauen.

Begründung

Die zahnärztliche Versorgung ist eine tragende Säule der Daseinsvorsorge: Es gibt keine Gesundheit ohne Mundgesundheit. Die qualitativ hochwertige, wohnortnahe Versorgung wirddurch ein flächendeckendes Netz von rund 38.000 freiberuflichen, inhabergeführten Zahnarztpraxen sowie das tägliche Engagement von knapp 63.000 Zahnärztinnen und Zahnärzten sichergestellt. Konsequent präventiv ausgerichtete, von der Selbstverwaltung entwickelte Versorgungskonzepte haben die Grundlage geschaffen, dass Deutschland heute in der Mundgesundheit international eine Spitzenposition einnimmt, während parallel dazu die Anteile vertragszahnärztlicher Leistungen an den gesamten Leistungsausgaben der GKV erheblich reduziert werden konnten. Folglich ist der zahnmedizinische Sektor kein Kostentreiber in der GKV. Im Gegenteil: Die vertragszahnärztliche Versorgung erzielt einen hohen Health-Outcome und ist Paradebeispiel für den Erfolg von Prävention, die nicht nurgesundheitlich wirkt, sondern sich auch finanziell auszahlt.

Auch die im März veröffentlichte Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS 6) unterstreicht die bahnbrechenden Erfolge, welche die über Jahrzehnte von der Zahnärzteschaft vorangetriebene, präventionsorientierte Ausrichtung der Versorgung für die Mundgesundheit der Bevölkerung erzielt hat. Diese Präventionserfolge dürfen nicht durchkurzsichtige Kostendämpfung und Mittelkürzung aufs Spiel gesetzt werden.

Allerdings hat die Politik der letzten drei Jahre diese Errungenschaften massiv in Frage gestellt. Die mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG, 2022) eingeführte strikte Budgetierung für 2023 und 2024 hat der zahnmedizinischen Versorgung erheblich geschadet – mit besonders gravierenden Auswirkungen auf die Parodontitisversorgung. Unmittelbar Leidtragende sind die Patientinnen und Patienten.

Darüber hinaus wird es aufgrund des Fachkräftemangels für die Praxen immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden. Hinzu kommt eine ausufernde Bürokratie, die den Zahnärztinnen und Zahnärztinnen und ihren Teams immer mehr ihrer kostbaren Zeit raubt, die eigentlich den Patientinnen und Patienten zu Gute kommen sollte. Zudem stellen unausgereifte Digitalisierungsvorhaben ein Hemmnis im Praxisalltag dar.

Die immer schwierigeren Rahmenbedingungen in den letzten Jahren führen dazu, dass die Niederlassung in eigener Praxis zunehmend an Attraktivität verliert, junge Zahnärztinnen und Zahnärzte vor einer Niederlassung zurückschrecken und vorzeitige Praxisschließungen drohen. Damit entsteht eine ernst zu nehmende Gefahr für die Sicherstellung einer bis dato flächendeckenden, wohnortnahen zahnärztlichen Versorgung.

Unser Land braucht wieder eine Gesundheitspolitik auf der Basis von Vertrauen und Respekt gegenüber der Selbstverwaltung und denjenigen, die täglich die Patientinnen und Patienten mit großem Engagement versorgen. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD weist gesundheitspolitisch an vielen Stellen in die richtige Richtung. Um das Gesundheitssystem zukunftsfest zu machen, ist jedoch ein grundlegender Kurswechsel erforderlich. Dieser muss schnellstmöglich von der neuen Bundesregierung eingeleitet und die Expertise der Akteure im Gesundheitswesen zwingend einbezogen werden. Nur im vertrauensvollen Zusammenwirken wird es gelingen, die ambulante zahnärztliche Patientenversorgung gezielt zu stärken und zukunftsfest zu machen.