Systematische Behandlung von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen
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Die Ergebnisse der Sechsten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS 6) belegen, dass Parodontitis immer noch eine Volkskrankheit ist: Hiernach haben rund 14 Mio. Menschen in Deutschland eine schwere Parodontalerkrankung. Dies ist umso verheerender, als dass bisherige wissenschaftliche Hinweise, dass eine Parodontitis auch Einfluss auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen nimmt und eine unbehandelte oder nicht frühzeitig behandelte Parodontitis zu einer Gefährdung der Mund- und Allge-meingesundheit führt, nunmehr durch die Ergebnisse der DMS 6 bestätigt werden.
Die Studie liefert zudem neue Erkenntnisse über den Zusammenhang von Mundgesundheit und Allgemeinerkrankungen: Demnach sind Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen häufiger zahnlos und haben durchschnittlich etwa zwei Zähne weniger als gesunde Menschen.
2021 hat die KZBV mit der präventionsorientierten Parodontitisbehandlungsstrecke eine Therapie in die Versorgung gebracht, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert und von allen Seiten als Meilenstein begrüßt wurde. Dieser wichtige Ansatz wurde durch politische Entscheidungen in Form des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes mit seiner strikten Budgetierung schwer beschädigt. Dem Kampf gegen Parodontitis wurde so ein herber Rückschlag versetzt, der eine nachhaltige Behandlung nun deutlich erschwert. Daher fordert die KZBV, dass Prävention zum Leitbild gesundheitspolitischen Handelns wird. Hierzu zählt unbedingt, die präventionsorientierte Parodontitistherapie als Früherkennungs- und Vorsorgeleistung gesetzlich zu verankern und eine vollumfängliche Vergütung zu gewährleisten.
Behandlungsstrecke auf dem Stand der Wissenschaft
Die Inhalte der Richtlinie setzen auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der neuen Klassifikation parodontaler Erkrankungen der Fachgesellschaften auf. Die Erkrankung kann auf dieser Grundlage mit umfassenden, am individuellen Bedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichteten Maßnahmen bekämpft werden. Sie erhalten im Zusammenhang mit der eigentlichen antiinfektiösen Therapie eine individuelle Mundhygieneunterweisung, die in einem eigenen Therapieschritt um ein parodontologisches Aufklärungs- und Therapiegespräch ergänzt wird. Dies schafft ein Verständnis für die Auswirkungen der Erkrankung und stärkt zugleich die Mitwirkung der Versicherten. Die „sprechende Zahnmedizin“ in der Parodontitistherapie findet damit erstmals Eingang in die GKV-Versorgung. Die Maßnahmen dienen dazu, die Mundhygienefähigkeit und Gesundheitskompetenz zu erhöhen sowie Patientinnen und Patienten aktiv in die Therapie einzubinden.
Der Parodontale Screening Index ist als echtes Screeninginstrument ausgestaltet und an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst. So haben Zahnärztinnen und Zahnärzte ein wirksames Instrument der Früherkennung an der Hand.
Die unterstützende Parodontitistherapie, kurz UPT, hat einen zentralen Stellenwert – nicht zuletzt im Hinblick auf die nachhaltige Sicherung des Behandlungserfolgs. Sie ist ein wesentlicher Therapieschritt, um die Ergebnisse der antiinfektiösen und gegebenenfalls chirurgischen Therapie zu sichern, die Patientenmotivation und die Aufrechterhaltung der Mundhygiene zu fördern, zu erhalten und nicht befallenes Gewebe gesund zu halten. Neu- und Reinfektionen in behandelten Bereichen können erkannt und bestehende Erkrankungen eingedämmt werden.
Unterstützung für vulnerable Gruppen
Auch besonders vulnerable Gruppen erhalten einen gleichberechtigten und barrierearmen Zugang zur Parodontitistherapie im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung. Als Bestandteil der allgemeinen Behandlungsrichtlinie besteht für diese Versicherten daher ebenfalls seit Juli 2021 die Möglichkeit einer bedarfsgerecht modifizierten Behandlungsstrecke zur Behandlung von Parodontitis außerhalb der systematischen PAR-Behandlung. Diese niedrigschwellige Option richtet sich vor allem an ältere, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit einer Beeinträchtigung, bei denen die systematische Behandlung gemäß PAR-Richtlinie nicht in vollem Umfang durchgeführt werden kann. Dazu zählen Patientinnen und Patienten,
- bei denen die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Mundhygiene nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist,
- die einer Behandlung in Allgemeinnarkose bedürfen oder
- bei denen die Kooperationsfähigkeit nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist.
Der Zugang zu diesen Leistungen ist dabei niedrigschwellig ausgestaltet, indem die Behandlung der Krankenkasse nur angezeigt werden muss, ohne dass es eines vorgeschalteten Genehmigungs- und Begutachtungsverfahrens bedarf.
Beide Richtlinien zusammen schaffen die Voraussetzungen dafür, der Volkskrank-heit Parodontitis erfolgreich begegnen und die hohe Krankheitslast in Deutschland senken zu können.