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Beschluss
Die Vertreterversammlung der KZBV fordert die gematik und den Gesetzgeber dazu auf, die bei der Konzeption der TI 2.0 auftretenden sicherheitstechnischen und datenschutzrechtlichen Fragen ausreichend zu berücksichtigen und vor Einführung der TI 2.0 sowie im Rahmen der begleitenden Gesetzgebung abschließend zu klären. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die praktische, informationstechnische und (haftungs-) rechtliche Sicherheit der vertragszahnärztlichen Praxen gewahrt bleibt, ohne den Praxen zusätzliche Sicherheitsanforderungen durch die Anbindung an eine TI 2.0 aufzubürden. Gleichzeitig muss der Nutzen für die Verbesserung der Versorgung aller Patientinnen und Patienten das oberste Ziel sein und darf daher nicht auf Smartphone-optimierte Online-Szenarien reduziert werden.
Begründung
Die Vertreterversammlung der KZBV unterstützt das übergeordnete Ziel, die Potentiale der Digitalisierung weiter für Versorgungsverbesserungen im Gesundheitswesen zu nutzen. Das Gesetz zur digitalen Modernisierung der Versorgung und Pflege (DVPMG) sieht nach dem noch nicht abgeschlossenen Aufbau der Telematikinfrastruktur (TI) weitreichende technische Veränderungen mit der Einführung der sogenannten "TI 2.0" vor. Alle Anwendungen sollen zukünftig universell über das Internet erreichbar sein. Damit verbunden wäre nach derzeitigen Plänen der gematik der Wegfall des VPN-Zugangs für die Praxen und somit eines bedeutenden Eckpfeilers des bisherigen Sicherheitskonzepts der TI, welcher weitreichende Folgen für die Sicherheit und die datenschutzrechtliche Verantwortung der Praxis-IT hätte. Vereinfachende und kostensparende Anpassungen am Zugang zur Telematikinfrastruktur sind zwar grundsätzlich begrüßenswert, jedoch nicht auf Kosten der Sicherheit der Praxen! So darf bspw. eine Ablösung von Komponenten wie dem Konnektor, der bisher eine aufwändige Sicherheitszertifizierung durch gematik und BSI durchlaufen muss, zu keiner Zunahme der Verantwortung und damit auch der Haftung der Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte für die stattdessen eingesetzten Hard- oder Software-Komponenten führen.
Zahlreiche grundlegende Neuerungen, wie etwa die Rückführung der eGK zu einer reinen Versichertenkarte unter Ablösung der eGK-basierten Anwendungen eMP und NFDM werden von der Vertreterversammlung der KZBV ebenfalls kritisch gesehen, da auch diese Anpassungen von sicherheitstechnischen und datenschutzrechtlichen Anforderungen beinhalten, die rechtlich noch nicht abschließend geklärt sind und eine Offline-Nutzung unmöglich machen. Die derzeitige Fokussierung der gematik bei der Weiterentwicklung der TI auf reine Online-Szenarien und technisch versierte, mit geeigneten Smartphones ausgestattete Patientinnen und Patienten schließt weite Teile gerade der Personengruppen aus, die von einer optimierten Gesundheitsversorgung am meisten profitieren sollten.
Angesichts der Tragweite der intendierten Umstellung der technischen Verfahren sollte der Abschluss der bei der gematik bereits angestoßenen Arbeiten zur Einführung der TI 2.0 daher zunächst zurückgestellt werden, um auf Basis einer Machbarkeitsanalyse die wirtschaftlichen Auswirkungen, die Usability, die zeitliche Planung und die Auswirkungen auf den Datenschutz und die Datensicherheit verbindlich beurteilen zu können. Eine überstürzte Weiterentwicklung der TI darf nicht dazu führen, dass das Vertrauen der Vertragszahnärzteschaft und der Patientinnen und Patienten in die Verlässlichkeit digitalisierter Prozessabläufe gestört wird.