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Resolution
Die Vertreterversammlung der KZBV stellt fest:
- Die mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz verabschiedeten Regelungen über die verschärfte Rückkehr zur strikten Budgetierung der Gesamtvergütungen sind für die Vertragszahnärzteschaft nicht hinnehmbar. Sie erschweren die vollständige Erbringbarkeit des vertragszahnärztlichen Leistungsspektrums, insbesondere der neuen Parodontitis-Therapie. Dadurch gefährden diese Regelungen in erheblichem Maße die vollständige, flächendeckende Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung.
- Der Gesetzgeber wird aufgefordert, die betreffenden Regelungen des GKV-FinStG umgehend in einer sachangemessenen Weise zu reformieren, insbesondere indem die neuen Parodontitis-Leistungen gemäß der Forderung des Bundesrates gesetzlich extrabudgetär gestellt werden und damit die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Mittel gewährleistet wird.
- Die KZBV und die KZVen sehen sich bei unveränderter Geltung der Regelungen des GKV-FinStG und verschärft durch die massiv verschlechterten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen infolge von Inflation und Energiekrise außerstande, noch die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung bei der Parodontitis-Therapie vollumfänglich flächendeckend sichergestellt und gewährleistet werden kann. Die vom Gesetzgeber zugrunde gelegte Prämisse, dass ein aufgrund von Richtlinien des G-BA ausgeweiteter Leistungskatalog vollständig erbracht werden kann, wenn der Gesetzgeber die hierfür erforderlichen Mittel kappt, ist illusorisch, lebensfern und unzumutbar.
Begründung
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch für die vertragszahnärztliche Versorgung haben sich durch die aktuelle Krisensituation mit stark steigender Inflation und entsprechendem Kaufkraftverlust sowie einer Explosion insbesondere der Energiepreise massiv verschlechtert. Zudem leiden viele Zahnarztpraxen noch immer unter den Auswirkungen der Coronapandemie mit deutlichen Fallzahlrückgängen und gestiegenen Praxiskosten u. a. für Schutz- und Hygieneausrüstung, Testkits u. dgl.
Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hat der Gesetzgeber entgegen den Warnungen der KZBV und KZVen eine verschärfte Rückkehr zur strikten Budgetierung der zahnärztlichen Gesamtvergütungen und zur Begrenzung der Preise (Punktwerte) beschlossen.
Die Auswirkungen der strikten Budgetierung auf die erst zum 1. Juli 2021 aufgrund von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in die zahnärztliche Versorgung aufgenommene neue, präventionsorientierte Parodontitis-Therapie werden weitestgehend ignoriert.
Die mehrjährige Behandlungsstrecke befindet sich immer noch ganz am Anfang der Einführungsphase, die über mehrere Jahre bis 2024 gestreckt sein wird und nur zu geringen Teilen in den Gesamtvergütungen abgebildet ist. Daher wirkt die durch das GKV-FinStG wiedereingeführte Budgetierung nicht nur im Sinne einer Begrenzung von künftigen Ausgabenzuwächsen, sondern es werden der präventionsorientierten Parodontitis-Therapie als neuer GKV-Leistung die für deren Erbringung erforderlichen, erst kürzlich zugesagten Mittel wieder entzogen. Die neuen PAR-Leistungen wurden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss im Konsens aller dort Beteiligten einschließlich der Krankenkassenseite sowie mit Billigung des BMG im Wissen um die damit verbundenen Kosten zugunsten der Patientenversorgung eingeführt und in den BEMA integriert.
In zahlreichen Gesprächen mit den politischen Verantwortungsträgern und auch in der Expertenanhörung im Bundestag hat die KZBV klar dargelegt, dass vor diesem Hintergrund die strikte Budgetierung das faktische Aus für diese wichtige Behandlung bedeutet. Durch die im Bundestag auf den letzten Metern eingebrachten Änderungen der Koalition werden alleine die Finanzmittel für die Behandlung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt. Damit springen der Minister und die Ampelfraktionen viel zu kurz: So wichtig die Versorgung vulnerabler Gruppen ist, eine Ausnahmeregelung für die Parodontitis-Therapie hätte alle GKV-Versicherten einschließen müssen. Die weit überwiegende Mehrheit der Patientinnen und Patienten, die dringend auf eine wirksame und auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft basierende Behandlung angewiesen ist, bleibt mit dieser Entscheidung auf der Strecke. Auch ist die nun gesetzliche vorgegebene Evaluierung der Auswirkungen der Budgetierung auf die Parodontitis-Versorgung durch das BMG bis zum 30. September 2023 als „Trial and error“ auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten der falsche Weg.
Für die Versicherten wird dies entgegen den wiederholten Beteuerungen des Bundesgesundheitsministers, dass es nicht zu Leistungskürzungen kommen werde, genau solche Leistungskürzungen faktisch zur Folge haben.
Das GKV-FinStG bürdet es den Vertragszahnärzten auf, ein neues GKV-Leistungsspektrum vollständig zu erbringen, für das aber die erforderlichen Mittel nicht mehr bereitgestellt bzw. gekappt werden, und überspannt damit den Toleranzbogen über das Maß eines solidarischen Mittragens von Sparzielen hinaus. Dem vergleichsweise kleinen zahnärztlichen Versorgungsbereich wird mit dem GKV-FinStG eine überproportionale Belastung auferlegt mit entsprechenden Folgen für die Patientenversorgung. Gleichzeitig geht die Politik die strukturellen GKV-Probleme, die größtenteils Ursache des Defizits sind, nicht an. Die Vertragszahnärzteschaft ist zur Solidarität, aber nicht dazu bereit, für Fehler der Gesundheitspolitik überproportionale Kürzungen hinzunehmen, die sich finanziell und auf die Erbringbarkeit eines modernen zahnmedizinischen Behandlungsspektrums massiv negativ auswirken.
Die Vertreterversammlung der KZBV verurteilt daher die verantwortungslosen Regelungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes, da diese die flächendeckende Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung erheblich gefährden. Ohne eine umgehende Reform der gesetzlichen Regelungen (§ 85 Abs. 2d und 3a SGB V) – insbesondere einer gesetzlichen Herausnahme der PAR-Leistungen aus der Budgetierung, wie sie auch der Bundesrat gefordert hatte – sieht sich die KZBV außerstande, weiterhin die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung bei der Parodontitis-Therapie vollumfänglich flächendeckend sichergestellt und gewährleistet werden kann.