Rede Dr. Wolfgang Eßer
Es gilt das gesprochene Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich darf Sie alle herzlich zur diesjährigen Verleihung des Herbert-Lewin-Preises begrüßen. Ein besonderes Willkommen gilt den Abgeordneten des Deutschen Bundestages.
Gemeinsam mit
- dem Bundesgesundheitsministerium,
- der Bundesärztekammer,
- der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und
- der Bundeszahnärztekammer
ehren wir heute Forscherinnen und Forscher, die sich mit der Geschichte der Ärzte- und Zahnärzteschaft in der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzen.
Ganz besonders begrüßen darf ich daher unsere Preisträgerinnen und Preisträger und ihre Angehörigen und Gäste. Es freut mich, dass Sie alle heute hier sind.
Ein herzlicher Gruß geht auch an die Jury-Mitglieder aus dem Kreis der
- Trägerorganisationen,
- dem Zentralrat der Juden in Deutschland sowie
- dem Bundesverband Jüdischer Ärzte und Psychologen in Deutschland. Stellvertretend für die Jury möchte ich Herrn Professor Groß nennen. Er wird heute auch unser Laudator sein.
Es ist mir eine ganz besondere Ehre, heute den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland bei uns empfangen zu dürfen.
Herr Dr. Schuster, herzlichen Dank für Ihr Kommen.
Sehr herzlich begrüße ich auch die Vertreter der auslobenden Institutionen,
- Frau Wald,
- Herrn Dr. Reinhardt,
- Herrn Dr. Kriedel,
- Herrn Dr. Engel, lieber Peter,
seien Sie uns alle herzlich willkommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
der Herbert-Lewin-Preis wird heute bereits zum siebten Mal vergeben. Er ist vor mehr als einem Jahrzehnt aus dem Wunsch heraus entstanden, wissenschaftliche Arbeiten zu ehren und zu fördern, die sich mit der Rolle der Ärzteschaft und dabei auch mit dem Schicksal entrechteter jüdischer Ärztinnen und Ärzte in der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigen.
Der Preis ist mit insgesamt 15.000 Euro dotiert.
Als wir im Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung gemeinsam im Jahr 2016 den Entschluss gefasst haben, uns am Herbert-Lewin-Preis zu beteiligen, war es uns und auch mir persönlich sehr wichtig, auch einen umfassenden Blick nach innen, auf unsere Rolle, die Rolle der Zahnärzteschaft in der NS-Zeit, auf dieses unrühmliche Kapitel in unserer Geschichte, zu werfen.
Um für unseren Berufsstand „Licht ins Dunkel zu bringen“, haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, die Bundeszahnärztekammer und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ein Forschungsprojekt zur Rolle der Zahnmedizin in der NS-Zeit ausgeschrieben. Die Ergebnisse werden morgen auf einer Pressekonferenz vorgestellt.
Der Forschungsbedarf war und ist enorm. Es gibt noch viele weiße Flecken auf der Forschungslandkarte. Es geht darum, Kenntnisse über historische Zusammenhänge und Realitäten zu erlangen. Deswegen ist das Ziel, das wir mit dem Herbert-Lewin-Preis verfolgen, nach wie vor aktuell.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
mit dem Herbert-Lewin-Preis wollen wir gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, zugleich aber auch die Forschung rund um das Thema Medizin und Zahnmedizin im Nationalsozialismus fördern.
Dank unseres Forschungsprojektes wissen wir heute, dass auch die Zahnärzteschaft tief in die Machenschaften im „Dritten Reich“ verstrickt und ein Stützpfeiler dieses verbrecherischen Regimes war.
Dieses Wissen um die tiefe Verstrickung in dieses verbrecherische System ist bedrückend, es schmerzt und beschämt. Aber dieser Schmerz hält die Erinnerung an das Geschehene wach.
Je mehr wir wissen und je mehr dieses Wissen Verbreitung findet und verinnerlicht wird, desto eher können wir verhindern, dass Mitbürger stigmatisiert und ausgegrenzt werden oder gar um ihr Leben fürchten müssen.
Heute erleben wir zunehmend eine Stimmung, die sich gegen jüdisches Leben in Deutschland richtet – jüngstes Beispiel ist der schreckliche Terroranschlag in Halle, am höchsten jüdischen Feiertag, dem Jom Kippur. Auch hier in Berlin erfahren wir von Antisemitismus in Schulen, im Alltag. Gewalt und Aggression werden zu Instrumenten gegen Andersgläubige, gegen Menschen anderer Herkunft, gegen politisch Andersdenkende.
Dem müssen wir entschieden entgegentreten!
Wenn wir aus den Erfahrungen der Vergangenheit eine Lehre ziehen, dann diese: Wehret den Anfängen.
Wir müssen zusammen wachsam sein, damit sich die Ereignisse nicht wiederholen. Die Verantwortung für das Geschehene – die wollen und müssen wir tragen. Wir müssen das Wissen um das Geschehene weiterreichen, damit auch die nächste Generation die Verantwortung übernehmen kann.
Hierzu leistet der Herbert-Lewin-Preis einen wichtigen Beitrag!
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist mir nun eine große Freude und zugleich eine besondere Ehre, Ihnen einen bedeutenden Historiker und Politikwissenschaftler vorzustellen.
Seine eigene Lebensgeschichte und die seiner Familie sind eng mit der Ausgrenzungs- und Vernichtungspolitik der Nazis verbunden.
Geboren 1942 im schwedischen Exil, in das seine Eltern auf Grund ihrer jüdischen Wurzeln flüchten mussten, kehrte er in sehr jungen Jahren in das zerstörte Nachkriegsdeutschland zurück.
Er war Gründungsdirektor des Jüdischen Museums in Wien und ist heute nicht nur Direktor des Moses Mendelsohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam, sondern auch Vorstandsvorsitzender der Moses Mendelsohn Stiftung.
Vor Kurzem, im Jahr 2018, hat er ein Buch mit dem Titel „Düstere Vorahnungen“ veröffentlicht. Darin befasst er sich sehr eingehend mit den Anfängen der NS-Herrschaft nach 1933, mit den menschlichen Tragödien und Verstrickungen.
Begrüßen Sie bitte mit mir Herrn Professor Dr. Julius Schoeps.
Herr Professor Schoeps, ein herzliches Willkommen. Sie haben das Wort!
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