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Viele Menschen meiden Speisen, die Zwiebeln oder Knoblauch enthalten, weil sie erheblichen Mundgeruch verursachen können, der mitunter mehrere Tage anhalten kann. Doch schlechter Atem nach dem Genuss bestimmter Nahrung ist in der Regel nur vorübergehend.
Bei dauerhaftem Mundgeruch ist das anders. Schätzungen zufolge leiden etwa 25 Prozent der Bevölkerung unter dieser Form des Mundgeruchs. Mit steigendem Lebensalter nimm die Zahl der Betroffenen noch einmal zu. So leidet bei den über 60-Jährigen bereits jeder zweite Patient unter Mundgeruch. Der Grund dafür sind die Zähne: Viele ältere Patientinnen und Patienten haben sanierte Zähne oder Zahnersatz. Das bietet Bakterien eine größere "Angriffsfläche".
In der (Zahn)Medizin wird grundsätzlich zwischen Halitosis und Foetor ex ore unterschieden.
Foetor ex ore bezeichnet den schlechten Geruch beim Ausatmen, der meist nur beim Sprechen oder bei geöffnetem Mund wahrnehmbar ist. Die Ursache des schlechten Atems liegt in der Regel in angrenzenden Bereichen wie der Mundhöhle.
Die Halitosis unterscheidet sich dadurch, dass der unangenehme Geruch auch beim Ausatmen durch die Nase zu riechen ist. Nur etwa zehn Prozent aller Betroffenen leiden unter dieser Form des Mundgeruchs. Ursachen sind hier nicht nur in der Mundhöhle, sondern besonders im Nasen-Rachen-Raum zu suchen.
Bei etwa einem Viertel aller Patientinnen und Patienten, die glauben, an Mundgeruch zu leiden, lässt sich dieser allerdings nicht professionell nachweisen. Es handelt sich dabei um ein psychisch bedingtes Phänomen, welches in Fachkreisen als Pseudohalitosis oder Halitophobie genannt wird.
Mundgeruch bemerken Betroffene bei anderen, aber nicht bei sich selbst. Viele Patienten sind sich ihres Mundgeruchs häufig gar nicht bewusst. Dabei kann das Problem – einmal erkannt – schnell aus der Welt geschafft werden. Entgegen der landläufigen Meinung liegen die Ursachen von Mundgeruch meistens nicht bei Mandeln, Magen oder Stoffwechsel, sondern bei etwa 85 Prozent der Betroffenen ist der schlechte Atem eine Folge von mangelhafter Mundhygiene.
Wie entsteht Mundgeruch?
In unserem Mund leben mehr als 300 verschiedene Arten von Bakterien, darunter auch Fäulnisbakterien, die Eiweiß zersetzen und abgestorbene Schleimhautzellen beseitigen. Dabei werden Schwefelverbindungen freigesetzt – je mehr, umso stärker der Geruch. Sie vermehren sich an den Stellen im Gebiss, an die wenig Sauerstoff und selten die Zahnbürste kommt, wie etwa in Zahnzwischenräumen und Zahnfleischtaschen, an kariösen Stellen, Zahnersatz, Prothesen und kieferorthopädischen Geräten wie Spangen oder Brackets.
Ein „Lieblingstummelplatz“ von Bakterien, der erst in den vergangenen Jahren in das Blickfeld von Forschung und Versorgung gerückt ist, ist die Zungenoberfläche. Inzwischen gehen Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner davon aus, dass mehr als zwei Drittel aller Mundgeruchfälle auf Zungenbelag zurückzuführen sind. In den tiefen Furchen im hinteren Rachenbereich bilden sich leicht Beläge, die beim normalen Zähneputzen nicht erreicht werden und so den Bakterien einen idealen Lebensraum bieten.
In gesundem Zustand ist die Zersetzungstätigkeit gering, so dass kein wahrnehmbarer Mundgeruch entsteht. Finden die Bakterien jedoch ein Überangebot an Nahrung und gute Lebensbedingungen, vermehren sie sich explosionsartig und produzieren heftige Schwefelgerüche. Nahrungsmittellieferanten für die Bakterien sind vor allem eiweißhaltige Nahrungsmittel wie Milch oder Fisch. Solche Lebensmittel erzeugen allerdings nur dann Mundgeruch, wenn die Nahrungsreste nicht gründlich weggeputzt werden.
Bei nicht ausreichender Mundhygiene bilden sich zudem bald feste Zahnbeläge – ein regelrechtes „Schlaraffenland“ für Bakterien, die dort ständig Nahrung finden. Feste Zahnbeläge können nicht mehr mit Zähneputzen beseitigt werden. Sie sind auch immer wieder Ursache für Zahnfleischentzündungen, bei denen – über den natürlichen Zellerneuerungsprozess hinaus – besonders viele abgestorbene Schleimhautzellen anfallen. Mundgeruch kann daher auch ein Hinweis auf Zahnfleischentzündungen sein.
Was kann man selbst gegen Mundgeruch tun?
Als erstes sollten betroffene Patienten Zurückhaltung und Scheu aufgeben und einen vertrauten Menschen fragen, ob man vielleicht Mundgeruch hat. Eine klare Auskunft ist auf jeden Fall hilfreich. Oder man fragt seine Zahnärztin oder seinen Zahnarzt. Nicht immer ist davon auszugehen, dass dieser auf den Mundgeruch hinweist, wenn eine Kontrolluntersuchung oder Behandlung ansteht. An einigen Universitäts-Zahnkliniken wie etwa der Berliner Charité, gibt es auch sogenannte "Halimeter", die durch Analyse des Atems und der dabei ausgeatmeten Gase mögliche Ursachen der Halitosis feststellen.
Patientinnen und Patienten können leicht selbst etwas gegen Mundgeruch tun. Neben der üblichen, sorgfältigen Zahnhygiene sind zwei weitere Maßnahmen notwendig, um Mundgeruch zu bekämpfen: Die Reinigung der Zunge und die professionelle Zahnreinigung in der Zahnarztpraxis (Individualprophylaxe).
Zungenreinigung
Dafür gibt es spezielle Zungenschaber und Zungenbürsten. Diese flachen, schlaufenförmigen Geräte werden ganz hinten auf dem Zungenrücken angesetzt und nach vorne gezogen. Das ist nicht immer ganz einfach, weil dies oft einen Würgereiz auslöst. Das Schaben wird so oft wiederholt, bis keine Rückstände mehr an Schaber oder Bürste hängen bleiben.
Professionelle Hilfe
Aus einigen Schlupfwinkeln im Mund sind Beläge mit normalem Zähneputzen nicht zu entfernen. Ganz ohne professionelle Hilfe durch intensive Zahnreinigung geht es also meist nicht. Bei der professionellen Zahnreinigung (PZR) werden Zahnbeläge auch an schwer erreichbaren Stellen entfernt, die Zähne poliert und fluoridiert und damit vor Karies geschützt. Zahnärztinnen und Zahnärzte speziell geschultes Praxispersonal geben praktische Tipps und Hilfen, wie Patienten selbst Beläge mit unterschiedlichen Hilfsmitteln auch an schwerer erreichbaren Bereichen im Mund entfernen können. Sinnvoll ist eine Verlaufskontrolle: Bei einem späteren Termin in der Praxis wird die weitere Entwicklung der Mundhygiene und damit die Sauberkeit und Geruchsfreiheit kontrolliert. Die Individualprophylaxe ist keine einmalige Maßnahme, sondern sollte regelmäßig erfolgen. Sie dient nachweislich der Erhaltung der Mundgesundheit und unterstützt dabei, einen gepflegten Mund und guten Atem zu haben.
Patienten sollten daran denken: Vorbeugen ist besser als riechen. Lassen Sie Ihren Mund regelmäßig auf Nischen für Bakterienkolonien untersuchen, in denen sich Mundgeruch entwickeln könnte. Und bitte vergessen Sie nicht – insbesondere nach eiweißhaltigen Gerichten – Ihre Zähne, Ihren Zahnersatz und möglichst auch Ihre Zunge sorgfältig zu reinigen.
Mundgeruch hat meistens harmlose Ursachen, die sich oft mit einer gründlichen Mundhygiene beseitigen lassen. Sollten die Beschwerden jedoch über einen längeren Zeitraum anhalten und weder mit Zähneputzen noch mit Mundspülungen beseitigt werden können, sollte die Zahnarzt- oder Hausarztpraxis aufgesucht werden. Bleibt der schlechte Atem trotz guter und gründlicher Mundhygiene erhalten, können zudem Halimeter-Geräte durch eine Atemanalyse die Ursache aufspüren.
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